Dienstag, 19. Dezember 2006

Das Schwein

Nach langer, wirklich langer, sehr langer Überlegung habe ich einen absolut wichtigen Entschluss gefasst. Und zwar:
Ich werde aufhören zu Rauchen. Klingt banal, ist im Prinzip banal - wenn man Nichtraucher ist.
Nur, ich bin kein Nichtraucher. Nein. Was ich sehr bedaure mittlerweile. (Wie konnte ich nur so saudämlich sein, und mir im damals jugendlichen Leichtsinn so eine Kippe anzünden und es auch noch toll finden, wenn mein Kopf sich gedreht hatte?)
Mein Kopf dreht sich schon lange nicht mehr, wenn ich mir so einen (selbstgedrehten) Glimmstengel anzünde. Stattdessen wird nur mein Nikotinpegel wieder dahin gebracht, wo mich das Nikotinschwein haben will.
Dieses Schwein, ich werde es ab sofort immer so nennen, fordert mich auf, mir Gift in den Körper zu pumpen und mich selber zu einem Suchtbolzen zu degradieren, der nichts Besseres zu tun hat, als auf sämtlichen Events erst mal die Lage zu checken.
Welche Lage checken? frägt sich doch jetzt so mancher lesender Nichtraucher. Nun, man checkt die Lage, ob auch Aschenbecher drapiert sind, und somit das Rauchen freigegeben ist. Wenn keine Aschenbecher vorhanden sind, was immer öfter der Fall ist, überkommt einem erst mal eine dämliche Unruhe, und man sondiert das Ganze, indem man nach einer stinkigen Raucherecke geiert oder im schlimmsten Fall, vor der Türe verharrt, wo man den ein oder anderen Leidensgenossen vorfindet.
Nun gelten ja Raucher als gesellige Wesen, die sich gemütlich zusammenrotten, sehr schnell in Gespräche verwickelt sind und so manch Nichtraucher hielt sich da in der Raucherecke auf, weil es ja so unterhaltsam ist.
Nun, dazu sei gesagt, das macht die gemeinsame Notdurft.
Da hält man zusammen und das Glücksgefühl, das beim Qualmen im Gehirn freigesetzt wird, fördert das Ganze extremst.
Daher sind diese geselligen Dinger nur Schall und lösen sich in Rauch auf, wenn die Zigarette inaliert ist und man sich wieder unter das Volk mischt. Daher kenne ich keine einzige dauerhafte Freundschaft, die während einer Rauchpause entstand.
Mittlerweile ist es ja so, dass ich mich, wenn nur eine Raucherecke vorhanden ist, oder Balkon, oder Terasse, ich mich da ziemlich einsam wiederfinde. Und ich stelle immer mehr mit Entsetzen fest, wie peinlich mich das berührt. Wie dämlich es sein muss, bei kalten Temperaturen irgendwo auf einer Party draußen herumzustehen, alleine, und sich eine Zigarette reinzieht, während man kläglich versucht, seine Hände warmzuhalten, die sowieso kühler werden - wegen dem Schwein.
Nun ist es ja nicht so, dass ich nicht schon öfter aufgehört hatte zu rauchen. Im Gegenteil. Ich habe so ziemlich alle Methoden durch. Außer Hypnose. Das war mir immer zu teuer.
Dafür ließ ich mich Akupunktieren, machte einen AOK-Kurs mit und schaffte es sogar, während meiner Schwangerschaft nicht zu rauchen. (ja...ich bin eine Frau).
Nach der Schwangerschaft fing ich prompt wieder an. Während der Akupunktur ließ ich es ganze 2 Wochen und während dem AOK-Kurs rauchte ich nur nicht in den Kursräumen. Siehe, es nutzte alles nichts.
Ich weiß auch warum mittlerweile.
Das Problem war jedes Mal folgendes: Ich hatte tierische Angst davor, nie, niemals mehr eine Zigarette rauchen zu dürfen. Und das war mir immer ein Greuel. Für mich war eine Zigarette Entspannung, Gemütlichkeit, Genuss. Was totaler Schwachsinn ist. Nur wußte ich das bisher nicht.
Mittlerweile hab ich totale Panik davor, ich bin jetzt 41, den Rest meines Lebens rauchen zu müssen.
H I L F E!!
Nein, das will ich nicht. Und man entspannt sich nicht mit Rauchen. Im Gegenteil. Mein Stress, dauernd die Lagen checken zu müssen, genügend Tabak hier zu haben, damit ich nicht ohne darben muss, genügend Geld zu haben, damit ich nicht ohne darben muss, ist da nicht zu verachten.
Die paar Sekunden, die mir dieses Schwein Entspannung, Genuss oder Gemütlichkeit vorgaukelt, sind es nicht wert, die Luft zu verpesten, das Geld rauszublasen und mich vor allem krank zu machen. Noch bin ich nicht krank, mir geht es gut, aber der Raucherhusten wird nicht besser wenn man raucht.
Während ich das schreibe, umgeben mich bläuliche Rauchschwaden meiner Selbstgedrehten mit Filter und meine Zunge brennt. Ich bin eine arme Sau. Wirklich.
Nun...wie werde ich aufhören? Und vor allem wann?
Ich fand in den unermesslichen Weiten des Internet ein schönes Forum, indem es von solchen Wesen wie mir wimmelt. Die gleichen Leute, mit denen ich früher auf Balkonen oder Terassen stand, oder die Raucherecke ausfüllte.
Leute, die mit Rauchen aufgehört haben, oder wie ich, sich einen Starttermin festlegten.
Mein Starttermin: der 01.01.2007.
Jetzt werden natürlich viele den Kopf schütteln und sagen:
Das ist Quatsch. Wenn man wirklich aufhören will, dann macht man das sofort, jetzt gleich, indem man die Kippen wegschmeißt samt Aschenbecher und Feuerzeugen und Schluss.
Ist ja nicht verkehrt, nur in meinem schwerstabhängigen Fall weiß ich, dass ich in spätestens 2 Tagen sowieso wieder anfangen würde. Hauruck bringt da nichts bei mir, wie mich die Vergangenheit lehrte, in der ich mehrmals genauso "aufhörte".
Daher werde ich diesmal, und hoffentlich das allerletzte Mal, die Sache gut vorbereiten.
Es gibt da mehrere Gründe:
1. An Weihnachten werde ich meinen Bruder sehen, der eine Kippe nach der anderen raucht. Spätestens da wäre es vorbei mit meiner Nichtraucherkarriere.
2. Ein klarer Schnitt, mit einem rauchfreien 2007.
3. Ich hab Angst.
Sind alles reine Kopfsachen, wie das Rauchen selber. Der Nikotinentzug an sich dauert ja nicht so lange. Daher muss ich meinen Kopf vorbereiten, damit es eben nicht schiefgeht.
Ein paar praktische Sachen noch:
Ich werde am 1.1.07 meinem Liebsten meine Bankkarte geben sowie alles Geld, das in meinem Geldbeutel ist. Damit ich nicht in einem dramatischen Entzugsanfall zur Tankstelle renne, und mir Tabak einkaufen kann.
Meine sämtlichen Vorhänge waschen und alles wegschmeißen, was irgendwie auch nur annähernd an ZIgaretten erinnert. Ich bin ja in der glücklichen Lage, dass mein Liebster nicht raucht. Und auch ansonsten keiner, der in meinem nahen Umfeld ist.
Ja - ihr habt es erfasst - ich bin die Letzte. Fast jedenfalls. Oder so gut wie. Keiner raucht mehr, oder hatte nie geraucht.
Der Gedanke daran, am 1.1. meinen Morgenkaffee ohne Kippe zu trinken, ist schon ziemlich beunruhigend. Aber...ich trinke eigentlich sowieso den meisten Kaffee ohne Kippen. WIll heißen, ich rauche ja nicht ununterbrochen. Daher werde ich es auch ganz ohne dem Schwein schaffen.
Und falls dieses Schwein mich überfällt, mich zu Boden zwingen will und mir verspricht, dass es mir viel besser geht, wenn ich mich auf den Boden werfen lasse, zeige ich ihm den Stinkefinger. Aber diesmal ohne Nikotingeruch am Finger.
Wie Berthold Brecht schon sagte:
Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren.
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